Ursprung und Vorkommen des Familiennamens:
Hierüber schreibt Herr Dr. Emil Lueken,
Oberbürgermeister in Kiel im zweiten Heft des Jahrgangs 2 der
"Chronikblätter für die
Familie Luyken und ihre Anverwandten", Herausgeber Dr. Karl Luyken, Berlin-Schöneberg, folgendes:
"Der Name Lüken wird verschieden geschrieben. Ich habe für
meine Familie in Steuerregistern und Kirchenbüchern den Namen seit
1500 festgestellt in den Formen: Lüeken, Lüerken, Lueken,
Lürks, Lüdeken, Lüderken, auch Luiken, auch die
Schreibweise Luyken wird an sich nichts anderes bedeuten.
In meiner Familie heißt lange Zeit einer der Söhne stets
Lueke Lueken, woraus sich ergibt, dass der Name Lueken ein Patronymikon
ist, wie Iko Iken, Heiko Heiken, Lubbe Lübben u.a.m.
Ich habe den Namen Lueke Lueken als Lütke Loiken gefunden in einem
interssanten Wikingerliede, das in Schleswig noch heute gesungen wird
(vergl. Müllenhoff: "Schleswig.-Holst. Sagen"), dem Liede von
Herrn Hinrich:
"Herr Hinrich und sine bröder alle dree, vull grone,
se buveden ein schepken, ein schepken tor See,
umb de adligen Rosenbolmen."
Herr Hinrich und seine drei Brüder fahren westwärts und
treffen eines Goldschmieds Sohn vor der Türe mit der adligen
Rosenblome. Sie fordern des Goldschmieds Töchterlein, die von der
adligen Rosenblome. Die aber ist Lütke Loiken " all togesecht".
Es entspinnt ein Kampf zwischen Lütke Loiken und Herrn Hinrich,
der schließlich damit endet, dass Herr Hinrich dem Lütke
Loiken das Haupt abschlägt. Das Lied ist sehr dramatisch, der
letzte Vers lautet:
"Lütke Loiken sine Kinder de weenden al so sehr, vull grone,
Morgen scholn wi unsen Vader begraven
umb de adligen Rosenblomen."
Müllenhoff sagt dazu, dass es sich hier augenscheinlich um den Rest einer alten Seeheldensage handelt.*
(* Müllenhoff bemerkt noch hierzu: Vielleicht ist es nicht
einmal ein urspürnglich dithmarsches Lied. Lütke Loiken,
beides Namen, die
in der Nordseeheldensage vorkommen, weist auf das niederländische
Luyke, Ludwig. (Doppellaut oi kommt im ostfriesischen vor).
"Grone" bedeutet nach Doornkaat, Wörterbuch der ostfriesischen Sprache "Begier", "Verlangen".)
Das älteste Vorkommen des Namens glaube ich im Güterregister
des Klosters Werden (bei Essen an der Ruhr) aus dem neunten Jahrhundert
festgestellt zu haben. Die Güter gingen später an das Kloster
Corvey über, und liegen m.E. im späteren Bistum Münster
nördlich von Osnabrück, zwischen Ems und Weser. Der Name
lautet da "Liudikio" ("de Lage Luidiko 3 buld et 6 Denarios").
Visbek z.B., dem Kloster Werden, gegründet von Bischoff Liudiger
von Münster (gest. 809), gehörend, wurde 855 vom König
Ludwig dem Demütigen dem Kloster Corvey übereignet. In Visbek
und der weiteren Umgebung gibt es noch heute eine ganze Anzahl von
Lüken-Familien.
Man darf vielleicht sprachlich auch erinnern an die im
Nibelungenlied vorkommenden Niedersachsen-Herzöge Lüdiger
(Liudiger) und
Lüdigast (Liudegast) und an den Friesen-Missionar Lüdger (Liudger).
Im Ostfriesischen Urkundebuch finden sich aus dem fünfzehnten
Jahrhundert eine Reihe von Urkunden, in denen ein Dirk Lueken, auch
Theodoricus Lutteke und Dydericus Lutke oder Diricus Lutken erscheint,
der einmal als "clericus uxoratus Monasteriensis, puplicus sacra
imperiali autoritate notarius", bezeichnet ist, und später als
"scryver (Ratsschreiber) to Emden" erscheint. Er siegelte auch unter
Staatsurkunden als Ludeke, Kirchherr zu Enum. Der Vorname Dirk ist auch
in unserer Familie üblich.
In den Listen der Rostocker Studenten
erscheinen 1443, 1460, 1473 und 1476 eine Reihe von Lueken, Ludekes,
Lodeghe, Lodeke, Ludeka de Emda genannt, häufiger latinisiert:
Lodulphus, Ludolphi, (Lueke Lueken), 1501 ein Johannes Ludickes,
Frisiums. Heute gibt es eine Reihe von Familien unseres Namens in
Ostfriesland und Oldenburg, teils Landwirte, auch Ärzte und
Anwälte, teils in den Gebieten friesischer, teils in denen
niedersächsischer Bevölkerung."
Nach Heintze kann
der dem Patronymikon Lueken zugrunde liegende Vorname Lueke,
althochdeutsch Liudiko, mittelhochdeutsch Ludeke, sowohl dem
altgermanischen Liud, als auch dem ebenfalls altgermanischen Hlod
entstammen. Näher liegt ersteres, Liud ( althochdeutsch und
mittelhochdeutsch Liut = Volk, Leute beteutend), ist seit dem 4.
Jahrhundert in Eigennamen nachweisbar.
Hlod zur Wurzel Clu: hören (althochdeutsch
Clut = laut), doch mit dem Sinne des lateinischen (in) clytus =
berühmt, welches sich nach dem Gesetze der Lautverschiebung mit
Clod deckt, berührt sich schon früh so nahe mit liud, dass
eine sichere Scheidung in den wenigsten Fällen stattfinden kann.
Beispiele zu Hlod Chlodulf, Ludolf, Ludeke, auch Lodeke und Chlodowich,
Ludowieg, Ludeke, wobei Ludeke jeweils die Verkleinerungsform darstellt.
Was die
Verkleinerungsformen selbst bestrifft, so sind die ältesten nach
den Beobachtungen Starks die auf i (Litti, Sigi, Kuni), demnächst
die mit l, nachweislich aus dem 1. Jahrhundert nach Chr. (z.B. Godilo,
Godo), während die mit k erst seit dem 4. Jahrhundert auftreten
(Godiko, Littko, Liudiko). Friesen und Sachsen verwendetetn
vorzugsweise k, selten t, entsprechend dem althochdeutschen z, Hludizo
aus Clodio, einstämmige Kürzung Hlut, während bei den
gotischen Stämmen alle drei Formen beliebt waren.
Herr Regierungs- und Baurat Heubült,
Neumünster, dessen Stammvater vermutlich Johan Lüken zu
Jaderaußendeich ist, erwähnt 1581 als Johan Lueken, bestimmt
aber Gerdt Lüdeken von Jaderberg, geb. 1641 als Sohn des Johan
Lüdeken von Jaderberg, teilt über das Vorkommen des Namens
Lüken in älteren Zeiten noch folgendes mit:
"In
Hammelvörden existierte ein adliges Geschlecht v. Lütken,
welches auch heute noch besteht und sich nach Russland, Dänemark
und anderen Ländern verbreitet hat. In Russland sind es Grafen
geworden. Es läßt sich zurückführen auf 1380
Lütke von Hamelwörden, Holenwisch und Wisch, sein Sohnwar
Herman Lütke, gestorben 1450, verh. mit Catharina Bickers aus dem
Hause Lüneburg.
Um 1400 werden in einem alten Klostermissale
von Bremerlehe zwei friesische Edelinge Bolo Lüdeken und sein Sohn
Lüttiko Bohlen erwähnt.
1491 wird ein Diedrich Luitken als
Burgschreiber (d.h. Amtmann) der Burg Emden unter Häuptling Edzard
dem Großen erwähnt. Nach den Voraussetzungen scheint dieser
L. aus dem Oldenburgischen zu stammen.
Marten Lüdeken, Sohn des vorerwähnten
Gerdt Lüdeken von Jaderberg gründete 1713 den Lükenhof
in Heubült und starb 1719 zu Heubült."
Alte Universitätsmatrikel melden noch von alten Lüken:
Erfurt: 1410 Ludolffus de Byrhoff, (aus Burhave
i.O.) und 1418 Ludolfus de Blexen (Oldenburg), welche näheres
Intersse verdienen, da sie, ebenso der "junge Ludeken, Nigenbrok"
(Neuenbrok), den Jacob van der Specken in seinem Lagerbuche von 1428
aufführt, die Ansässigkeit von Lüken-Familien in
Butjadingen und angrenzenden Orten dokumentieren. So ist 1579 noch ein
Dirich Luitken in Neuenbrok wohnhaft, 1599 nicht mehr.Ferner studierten
in Erfurt 1392 Ludolfus de Lare (Lahr), 1402 Ludolffus aus Groningen,
1407 Johannes Ludeke, 1408 Ludolfus de Lemgo, 1418 Boecis Ludekin (ohne
Ortsangabe) und viele andere mit gleichen oder ähnlichen Namen.
Auch in Greifwald finden wir studierende
Lüdeken: 1457 Ludolphus (Lüdeken) familiaris domini
marchionis, 1465 Ludekens aus Livland, 1473 Johannes Ludolphi, frater
Hedelsbergensis (Havelberg), 1483 Georvius Ludeke aus Spandau, 1498
Johannes Ludolfi aus Groningen, 1502 Lüdeken aus Brandenburg u.a.m.
Um 1400 bescheinigt
Ludeken, grote Ludekens sone, die Urkunde, nach welcher Sibet von
Stedesdorf und Ulrich von Greetsiel dem Kloster Marienkamp ein
Stück Ettland schenken.
Als Zeuge bei einer Erbregelung erscheint 1468 der Schiffer Ludeken von Amterdam.
Das ostfriesische Urkundenbuch nennt:
1367 Frater Ludolfus im Koster Norden,
1424 Ludeken, Drost zu Bremen,
1465 Kort Ludeke, bur to Edelsum
1481 suster Griete Ludekens, Nonne im Kloster Koldinne,
1483 Ludeken, Bote des Grafen von Hoja, fährt 6 Stige molt Roggen nach Emden,
1487 Ludeke Pförtner in Friedeburg bei Reepsholt.
Das Urkundenbuch
der Grafschaft Oldenburg Band IV weist folgende Lüken auf: 1349
Johann Lutteke, Meier zu Bardenfleth, 1367 Ludeke,
Meier "auf der Schelstede" bei Oldenburg, 1435
Gerke Ludeken, Meier zu Bardenfleth, 1527 Johan Luteken, Meier zu
Dreyle bei Hude.
In Oldenburg wird 1574 der Bürgermeister
Theodor Hellius Lüdeken als Förderer der Schule und ehemals
eifriger Zuhörer Luthers genannt, 1571 bekommt ein Dirich
Lütken vom Rat der stadt den Auftrag, das Pastorenhaus
(abgebrochen 1925) auszubessern.
Um 1620 kommen in Schwei die Familien
Tönjes, Johan und Dirich Lüken vor, um 1640 Gerd und
Heinrich, später noch Harmen, Lüder
und Eilert Lücken (1660).